Der weiße Wal „Bankenunion“

Die Eurokrise ist schon ein- oder zweimal mit Kommentaren gewürdigt worden, aber mein Eindruck ist, dass die ganze Sache in meinem, vielleicht nicht repräsentativen, Freundes- und Bekanntenkreis kaum diskutiert wird. Ist das Thema vielleicht einfach zu groß, zu unbegreiflich und scheint außerhalb der persönlichen Einflußsphäre?

Schließlich hat man uns Kindern der Kohl-Ära die EU und die Einführung des Euro als große Errungenschaft auf dem Weg in ein friedliches Europa verkauft. Das war ganz offensichtlich eine ganze Weile auch der Fall, der Wohlstand in Deutschland hat viel mit der Währungsunion zu tun. Nun stellt sich aber heraus, dass diese größte aller „Big Government“-Ideen (vielleicht mit Ausnahme der Ursprungs-UN à la Dag Hammaskjöld) statt zu Frieden und Wohlstand in eine Katastrophe führen könnte. Sich davon zu verabschieden fällt schwer, Schwarzmalerei trägt auch nicht zu der Akzeptanz solcher Fragestellung bei.

Es bleibt aber weder viel Zeit noch großer Handlungsspielraum, um die Eurokrise in den Griff zu kriegen. Zum einen wackeln immer mehr Länder, zum anderen werden in schneller Folge Maßnahmen beschlossen, die Generationen betreffen werden. Mit Katastrophe meine ich konkreter zwei mögliche Szenarien:

1. Schuldenjoch
Wird eines oder mehrere Mitgliedsländer zahlungsunfähig wachsen die finanziellen Belastungen für alle auf Jahrzehnte zu einem Schuldenberg unbekannter Monstrosität an. Das wird künftigen Regierungen den Handlungsspielraum nehmen und Probleme die mit Geld zu lösen wären unlösbar werden lassen. Ich bezweifle, dass sich das betroffene Bürger lange antun werden bevor sie rebellieren. In Griechenland kann man die politischen Folgen so einer Situation bereits beobachten.

2. Währungsreform und Schuldenerlass
Vielen scheint das Geld ohnehin virtuell, mithin also auch die Schulden, und die Währung haben wir auch schonmal gewechselt. Was wäre also einfacher als zu dem Zeitpunkt an dem unsere Schuldenlast unerträglich wird einfach die Zahlungen einzustellen, die Schulden nicht anzuerkennen und mit einer neuen Währung von vorn zu beginnen.

Jedoch ist Geld Ausdruck des Vertrauens und die Welt so vernetzt, dass unsere Finanzen nicht unabhängig sind von denen anderer Länder. Wenn wir unsere Währung aufgeben und erheblicher Schaden auch außerhalb Europas entsteht, warum sollten diese Handelspartner uns erneut Vertrauen schenken? Wäre das nicht DIE Gelegenheit Europa eine kleine Lektion über Abhängigkeit zu erteilen, so wie Europa dies mit einem großen Teil der Welt zuvor getan hat.

Wäre es nicht auch eine willkommene Gelegenheit unliebsame Konkurrenten loszuwerden und mit einem neuen Morgenthau-Plan zu enteignen, um die letzten Produktionsanlagen endlich nach Shenzen zu verlegen? Über dieses pitoreske Neo-Industrielle Europa als Freiluftmuseum und Freizeitpark der Welt hat Michel Houellebecq in „Karte und Gebiet“ überzeugende Spekulationen angestellt. Man möchte es ungern in echt erleben. 


Das Thema ist also ernst, gar nicht virtuell und drängender als manch anderer Aufreger. Hans-Werner „Käpt’n Ahab“ Sinn hat diesmal wirklich den weißen Wal gesehen und wir sollten uns allesamt die Beine ausreißen um ihn zur Strecke zu bringen.

Natürlich sind Politiker und Experten in dieser Situation nicht zu beneiden. Die politischen Handlungsoptionen und die Marktreaktionen wirken wechselseitig als Brandbeschleuniger, das System scheint außer Kontrolle und in seiner Überlebensfähigkeit in Frage gestellt. Allein Aktionismus hilft so wenig wie Märtyrertum, es muss fleißig und im Detail an der Überwachung, Analyse und gemeinsamer Steuerung weitergearbeitet werden, um den Euro zu stabilisieren.  



Durch die geplanten Groß-Maßnahmen wird gerade nicht nur unser Geld, sondern auch unsere (Handlungs-)Freiheit, unser Mitbestimmungsrecht als Bürger und die Zukunft unserer Kinder ernsthaft bedroht. Also Freunde und Römer: 

Redet drüber und wehrt Euch!



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